Eine merkwürdige Geschichte. Häufig treiben Verbote ungeahnte Blüten.
Das den Mönchen des Klosters Sant’Eutizio auferlegte und durch das Laterankonzil von 1215 festgeschriebene Verbot, chirurgische Eingriffe am menschlichen Körper vorzunehmen, veranlasste die Gläubigen, ihr Wissen an die Bewohner der umliegenden Ortschaften und insbesondere an die von Preci weiterzugeben. Der Übergang von der Schweinemetzgerkunst zum Erlernen der Kunst der Medizin erfolgte somit auf ganz natürliche Art und Weise. Die Chirurgen aus Preci wurden aufgrund dessen, dass sie keine Universität besucht hatten, sondern ihr Wissen von den Mönchen übertragen bekamen sowie alten, von diesen aufbewahrten Lehranleitungen entnahmen, “Empiriker” genannt. Der Beruf wurde damals vom Vater an den Sohn und von diesem an den Neffen weitergegeben. Die auf diese Weise ausgebildeten Menschen, wie beispielsweise die Männer aus dem Hause Scacchi (von denen Cesare als der Beste erinnert wird), wurden an die großen Höfe bestellt und dienten Päpsten sowie Herrschern. Der Ruhm seiner ruhigen Hände verbreitete sich von Tal zu Tal und von einer Grafschaft zur nächsten, was wiederum Preci und die Schweinemetzger immer bekannter machte. Das Ansehen von Scacchi kam schließlich sogar Königin Elisabeth zu Ohren, die am grauen Star litt und in ihrer Verzweiflung anordnete, den Italiener zum Hof zu bringen, so dass er sie von dieser fürchterlichen Qual befreite. 1000 Goldtaler sollte er für eine erfolgreiche Heilung bekommen.
In der ersten Etage des Klosters Sant’Eutizio kann man heute noch Reproduktionen einiger damaliger chirurgischen Instrumente und medizinischen Lehrbücher, ein alchemistisches Labor für die Zubereitung von Medizinprodukten und eine kleine Apotheke besichtigen.

Operation am grauen Star im Mittelalter. Für einen derartigen Eingriff bei Königin Elisabeth wurde der Chirurg aus Preci, Cesare Scacchi, an den Hof von England beordert.

Elisabeth I (1533–1603) war Königin von England und Irland und galt in England als die größte Königin aller Zeiten.

Von Durante Scacchi gezeichnete chirurgische Instrumente (Museum der Chirurgie, Preci).

Keramikmalerei mit der Darstellung eines Eingriffs an den Hoden eines Patienten durch einen Chirurgen aus Preci. Der Schriftzug besagt: VÖLLIG SCHMERZFREI SCHNEIDE ICH DIE HODEN AB 1619[da: “Tracce di un Itinerario storico e artistico da S. Eutizio a Preci”].

Lehrbuch der Chirurgie aus dem 18. Jh.

Heute stellt das Museum der Chirurgenschule in Preci eine bedeutende Sammlung an Schriften, chirurgischen Berichten, chirurgischen Instrumenten und sonstigen berufsrelevanten Instrumenten aus.